Kolumnen / Autorenleben

Der Kampf mit dem Blatt | Schreibupdate

Standard, 28. August 2017, Tasmetu,5972 Views0 Comments

Es ist mal wieder eine Weile her, dass ich übers Schreiben gebloggt habe. Das liegt daran, dass ich nicht geschrieben habe. Es war so wahnsinnig viel los in den letzten Wochen – erst die Bachelorarbeit, dann die Jobsuche, usw. Jetzt mache ich gerade die Reisenacht neu, von der ich seit einigen Wochen Admin bin. Und irgendwie war einfach die Luft raus. Ich habe meine gesamte Energie auf anderes gelenkt und allein der Gedanke, an meiner Geschichte weiter zu arbeiten, machte mich müde. 

Diese Situation hat mich ziemlich deprimiert. Nicht nur, dass ich mal wieder mehrere Absagen erhalten habe in letzter Zeit (ich wünschte, sie würden wenigstens kurz begründen, wieso. Ich möchte mich wirklich gerne verbessern), sondern plötzlich schrieb ich nicht einmal mehr.

Schreiben ist mein Lebenselixier

Ich liebe schreiben. Nur wenn ich schreibe, bin ich komplett. Nur wenn ich an einer Geschichte arbeite bin ich ausgeglichen und glücklich. Wenn ich es nicht tue oder nicht kann, fehlt etwas und mein inneres Gleichgewicht kippt.
In den letzten Monaten konnte ich lange Zeit nicht schreiben. Ich priorisierte die Jobsuche und den Bachelor und all diese Gedanken über meine Zukunft, die Möglichkeiten und die Sackgassen meines Lebens. Ich fragte mich, ob ich denn nun wirklich einen Bürojob ergreifen muss, obwohl ich doch genau weiß, dass ich dort auf Dauer nicht richtig bin. Ich fragte mich, welchen Jobs ich absagen würde oder nicht und was ich noch alles probieren könnte. Jetzt, wo meine Zukunft eine einzige monströse Riesen-Kreuzung in einer verdammt nebeligen Nacht war – und ich nur mit einer Fackel bewaffnet.
Ich priorisierte den 24 Chances Podcast, den ich begonnen habe und ich priorisierte noch andere Dinge. Schreiben rutschte auf der Liste immer weiter nach unten. Und ich fühlte mich leer. So leer, dass der Gedanke, wieder mit dem Schreiben anzufangen, fast unmöglich erschien. Ich hatte meinen Schwung verloren. Mein Gleichgewicht war nicht nur ins Wanken geraten, sondern komplett gekippt und irgendwo klirrend auf dem Boden gelandet.

Vergebliche Versuche

Jedes Mal, wenn ich dann doch endlich das Manuskript geöffnet hatte, starrte ich auf die wenigen Worte, die ich bereits hatte. Meine Leseprobe, die bisher – mal wieder – Absagen kassiert hatte. Es fühlte sich vollkommen sinnlos an, weiter zu arbeiten. Warum sollte ich so viel Zeit und Energie in ein Projekt stecken, dass ja dann doch kein Zuhause bei einem Verlag finden würde?
So dachte ich. Und schloss das Dokument.
So oder so ähnlich lief es immer wieder ab. Aber ich kenne mich. Wenn ich am Tiefpunkt angekommen bin, rapple ich mich normalerweise wieder auf.

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Wut ist Energie

Wenn ich eins gelernt habe, dann, dass meine Wut ein unglaubliches Feuer in mir entfachen kann. Ich bin sehr gut im wütend sein und entfessle dann Energien, die ich sonst nie aufbringen würde. Ich mag es nicht, wütend zu sein, aber ich habe gelernt, diese Unmengen an Energie wertzuschätzen. Auch wenn ich sie meistens noch nicht in etwas Positives und Produktives umwandeln kann.

Vor vielen Monaten bewarb ich mich auf das Literaturstipendium der Stadt München. Ich war guter Hoffnung. Mein Thema war gut, ich hatte das Buch mit viel Herzblut geschrieben und es war mir unglaublich wichtig. Es war zwar gewagt, aber genau das sollte es auch sein. Außerdem brauchte ich unbedingt Geld, wenn ich weiter so viel Zeit in meine kreativen Projekte stecken wollte, sobald der Bachelor vorbei war.
Ich verschickte meine Bewerbung im Februar und wusste, dass ich ein halbes Jahr auf die Antwort warten musste. Dann, vor einigen Tagen, bekam ich einen Brief. Eine Absage. Eine formlose, unbegründete Absage und eine Einladung zur Ehrung der Gewinner. Meine erste Reaktion war Resignation und Niedergeschlagenheit. Wieder eine Chance vertan. Wieder nicht gut genug.

Es dauerte ein paar Minuten, bevor plötzlich die Hölle in meinem Kopf losbrach. Ich wollte irgendetwas zerstören, ich war so unfassbar wütend, ich hätte Bäume ausreißen können. Ich war nicht wütend auf die Gewinner oder auf die Jury (warum auch?), sondern auf mich. Weil ich mal wieder nicht gut genug war, weil ich mich von so etwas runterziehen ließ und vor allem: Weil ich seit Wochen kein Wort mehr geschrieben hatte. Wie konnte ich erwarten, ein Stipendium zu bekommen, wenn ich seit Wochen mein Manuskript nicht einmal ansehen wollte? Wenn ich nicht mehr vor Freude tanzen wollte, wenn ich an meine Ideen und Geschichten dachte? Wenn ich nicht einmal versuchte, zu schreiben?

Wann genau hatte ich die Hoffnung aufgegeben?

Eine halbe Stunde

Die Wut setzte ein, als ich noch genau 30min hatte, bevor mich mein Freund abholen würde. Und meine Wut scheuchte mich ein mein Zimmer, verpasste mir einen saftigen Arschtritt und sorgte dafür, dass ich binnen dieser 30min über 1000 Wörter schrieb. Und am nächsten Tag noch einmal 2500.
Es war erstaunlich leicht.

Und die Moral von der Geschicht?

Schreiben ist für schwache Nerven nicht. Äh, was? Nein. Also, ähm… was ich eigentlich sagen wollte: Selbst wenn es mal nicht so rund läuft, auch über einen längeren Zeitraum, ist dieses Feuer, dass dich antreibt, noch irgendwo versteckt. Manchmal braucht es eben nur einen ziemlich schmerzhaften Arschtritt (oder zwei oder drei), bevor es sich endlich wieder Bahn bricht (bricht reimt sich auf Geschicht! Ha! Ich bin ja so… talentiert.)

Selbst wenn ich mal länger nicht schreibe, bin ich Autorin. Selbst wenn ich frustriert bin und aufgeben will, ist dieser Traum doch stärker als alles andere. Selbst wenn ich mich schwach fühle, bin ich stark.

Aufgeben ist nicht.

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