Alle Vögel unter dem Himmel | Rezension
Published by Fischer Verlage Genres: Jugendbuch, Science Fiction
Pages: 416
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„Ich frage mich, wie viele Dinge in unserer Welt nur die Schatten von Dingen in einer anderen Welt sind.“
Alle Vögel unter dem Himmel by Charlie Jane Anders
Published by Fischer Verlage Genres: Jugendbuch, Science Fiction
Pages: 416
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Die Autorin:
Charlie Jane Anders kommt aus den USA und ist dort Vloggerin, Autorin und Redakteurin. Ihr Debütroman „Alle Vögel unter dem Himmel“ (OT: All the Birds in the Sky“) wurde gefeiert und ausgezeichnet.
Die Story:
Patricia Delfine merkt früh, dass sie eine Hexe ist. Schließlich kann sie mit den Vögeln sprechen – oder konnte es früher zumindest einmal (an jenem warmen Sommertag). Laurence Armstead ist ein Nerd: Schon als Highschool-Schüler erfindet er in seinem Kinderzimmer eine Zeitmaschine, die es ihm erlaubt, zwei Sekunden in die Zukunft zu reisen. Obwohl sie unterschiedlicher nicht sein könnten, werden sie schnell Freunde.
Gegen Ende der Schulzeit verlieren sie sich aus den Augen, nur um sich einige Jahre später in San Francisco wiederzutreffen: Doch der Zeitpunkt ist denkbar ungünstig: Die Welt wird gerade von einer ökologischen Katastrophe heimgesucht: Ganze Regionen versinken im Meer, Flüchtlingsströme durchziehen die Welt. Wissenschaftler wie Hexen suchen nach einem Ausweg, können sich jedoch nicht einigen. Laurence und Patricia finden sich auf unterschiedlichen Seiten der Auseinandersetzung wieder und müssen sich fragen: Wem können wir trauen, wenn die Welt aus den Fugen gerät, dem Verstand oder dem Gefühl?
(kopiert von der FISCHER Tor Webseite)
Meine Meinung:
Es ist eins dieser Bücher, das für mich weder gut noch schlecht war. Es hatte einige tolle Elemente, aber auch einige mit denen ich nichts anfangen konnte. Die Grundidee sprach mich an, es versprach Magie, Science Fiction und einen kritischen Umgang mit dem Thema Umweltverschmutzung / Klimawandel. Ich hatte so viel Gutes gehört, sodass ich eine epische Geschichte erwartete, die mich wirklich berühren und beeinflussen würde. Das hat sie zwar nicht getan, ich kann das Buch jedoch trotzdem nicht schlecht bewerten (ich weiß, einige halten 3 von 5 Sterne für schlecht – ich sehe das nicht so), da es einige sehr gute Passagen und Denkansätze hatte.
Für ein Jugendbuch fand ich es sehr wichtig, denn es zeigte, dass unser Handeln immer Folgen hat. Dass, auch wenn man sich mal aus den Augen verliert, man sich immer wieder finden kann, wenn beide das möchten. Dass so viel möglich ist, was wir uns jetzt noch gar nicht vorstellen können. Dass Technik neutral ist – sie wird nur gut oder böse, wenn wir etwas mit ihr machen. Dass man nicht auf die anderen hören sollte, die einen fertig zu machen versuchen. Dass Freundschaft wichtiger ist als alles. Dass jeder Mensch eine zweite Chance verdient.
Diese Nachrichten, die hier indirekt vermittelt werden, fand ich großartig. Leider konnte mich die Umsetzung dieser ganzen, komplexen Metaebene aber nicht gänzlich überzeugen. Die erste Hälfte des Buches hatte ich das Gefühl, nur so durch die Seiten zu stolpern. Ich kam weder mit dem Schreibstil, noch mit den Charakteren, noch mit dem World Building, noch mit der Magie klar. Alles wirkte abgehakt, unlogisch, unpersönlich, eindimensional. Die Familien der beiden Kinder werden z.B. nur sehr flach dargestellt, Anders geht hier nicht einmal ansatzweise in die Tiefe. Sie haben alle genau eine Charaktereigenschaft (Patricias Schwester ist z.B. einfach nur „fies“) und sonst nichts. Die Magie wirkt kindisch und unbeholfen, der Antagonist wie eine absurde Karrikatur ohne jede Authentizität. Auch wird nichts beschrieben – wie sieht die Umgebung aus? Wie leben sie? Wie fühlen sich alle? Es fehlte mir hier so viel, dass ich schon Angst hatte, das Buch würde mich komplett enttäuschen.
Doch dann sprangen wir in die Zukunft und ab diesem Zeitpunkt wurde es auf einmal besser. Plötzlich hatten Laurence und Patricia eine Persönlichkeit, die Welt war klar und auch die Nebencharaktere waren keine blassen Pappfiguren mehr, sondern die meisten waren tatsächlich gut dargestellte Personen. Ich hörte auf durch die Seiten zu stolpern, auch wenn es immer wieder Passagen gab, in denen Anders zu dem Schreibstil der ersten Hälfte zurückkehrt und die mich doch etwas gestört haben. Jetzt lief die Geschichte flüssig und mit Spannung ab. Sie war dennoch bei weitem nicht perfekt, es fehlte mir hier z.B. noch viel Input rund um das „Hexennetzwerk“ und das Weltgeschehen. Es wird immer wieder etwas erwähnt wie „Nach der Sache in Korea…“, aber es wird nicht weiter erläutert. Ich konnte auch nicht umhin, die Augen zu verdrehen, dass mal wieder zwei Menschen aus den USA den ganzen Globus retten sollen. Diversität: Fehlanzeige. Einige der Nebencharaktere hatten zwar andere Sexualitäten und andere Hautfarben, aber diese Personen spielen im Endeffekt keine tragende Rolle im Plot.
Das Potenzial dieses Buches – ein geschicktes, fesselndes Jugendbuch zu werden, das Fantasy, SciFi und klare Kritik an unserem Umgang mit dem Planeten verbindet, hat es leider verfehlt. Dafür waren mir die Statements zur Umweltzerstörung nicht klar genug – man kann zwar erahnen, woher all die Unglücke kommen, aber darüber wird nur mit den Achseln gezuckt und irgendwie weitergemacht. Anders versucht immer wieder, in die richtige Richtung zu gehen, zieht sich dann aber immer wieder schnell zurück. (z.B. gibt es eine ganz kurze Passage, in der Patricia sagt, dass die Perspektive der Tiere genauso wichtig ist, wie die der Menschen, auch wenn sie sich von der unseren in Art und Form unterscheidet. Dass alle Lebewesen dieser Erde gleich viel wert seien – Laurence wettert dagegen, das Thema wird fallen gelassen und spielt im restlichen Buch keine Rolle mehr.)
Nichtsdestotrotz, war es ein solides Jugendbuch, das mir vermutlich deutlich besser gefallen hätte, wenn ich nicht so hohe Erwartungen gehabt hätte. Es gibt viel Interpretationsspielraum in dieser Geschichte, weshalb sie wohl auch sehr viele unterschiedliche Meinungen hervorrufen wird. Ich freue mich über den Versuch Anders, dieses wichtige Buch zu schreiben, bin aber gleichermaßen traurig, dass sie es nicht so geschafft hat, wie ich es mir gewünscht hätte. Es gab einfach noch zu viel Luft nach oben.
Leider hat das Buch sein enormes Potenzial nicht völlig ausschöpfen können, war aber dennoch unterhaltsam und wichtig
Anmerkung: Dieses Buch war ein Rezensionsexemplar des FISCHER Tor Verlags – vielen vielen Dank :)
Nächstes Buch: Dark Matter – Blake Crouch
Hach manno – immer schade wenn man mit (zu) großen Erwartungen an ein Buch herangeht und dann eher enttäuscht wird … Das Cover ist aber schon fein anzusehen, weshalb ich direkt deinem Rezi-Link gefolgt bin. Durch Fischer-TOR fange ich wirklich vermehrt an, Fantasy und Sci-Fi zu lesen, aber ich denke von diesem Buch halte ich dann doch Abstand.
Liebe Grüße & einen feinen Sonntag gewünscht
Janna
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