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Auslöschung | Rezension

Standard, 23. März 2017, Tasmetu,6515 Views2 Comments
Auslöschung Published by Knaur Droemer Verlag Genres: Science Fiction
Pages: 240
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four-stars

„Ich überschritt die Schwelle.“

Auslöschung Published by Knaur Droemer Verlag Genres: Science Fiction
Pages: 240
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four-stars

 

Der Autor:

Jeff VanderMeer wuchs auf den Fidschi-Inseln auf, wurde 1968 aber in Pennsylvania geboren. Heute lebt er in Florida. Seine Southern-Reach-Trilogie ist ein klassischer der dystopischen Science Fiction.

Die Story:

Area X – so nennt sich der Küstenbereich, der seit einigen Jahrzehnten von geheimnisvoller Flora und Fauna heimgesucht wird. Elf Expeditionen wurden bereits ausgeschickt, um Antworten zu finden, doch niemand kam zurück. Nun wird eine zwölfte Expedition ausgesendet und was erleben, ist kaum in Worte zu fassen.

Meine Meinung:

Sobald ich an dieses Buch denke bekomme ich Gänsehaut und es schüttelt mich. Ich bin kein Fan von Thrillern oder Horrorbüchern, weshalb dieses Buch (das offiziell unter SciFi läuft) ein Experiment für mich war. Zum Glück ein gelungenes.
„Auslöschung“ ist der erste Band einer Trilogie und ein Buch, das mich mit gemischten Gefühlen zurücklässt. Es ist so ganz anders als alles, was ich jemals gelesen habe. Manche Aspekte haben mich gestört, passten aber irgendwie gleichzeitig super zur Grundstimmung dieses Buches. Deshalb fällt es mir auch gerade schwer, geordnete Worte zu finden.
Der Schreibstil ist gewöhnungsbedürftig, war aber durch seine Andersartigkeit perfekt für dieses Buch. Es ist im Stil eines Forschungstagebuchs geschrieben, einer ganz besonderen Gattung aus sachlichem Bericht und persönlichen Erlebnissen. Die Protagonisten haben keine Namen, genau wie vieles in dieser Geschichte ohne Namen oder Erklärung bleiben wird. Durch die Sachlichkeit hindurch spürt man die ganze Zeit eine Anspannung, eine Erwartung, die mich immer wieder schaudern ließ. Anfangs konnte ich immer nur wenige Seiten auf einmal lesen, weil ich mit dieser inneren Nervosität, die dieses Buch in mir auslöste, nicht gut umgehen konnte. VanderMeer spielt hier mit dem großen Unbekannten, schafft es Spannung aufzubauen obwohl im ersten Drittel faktisch nicht viel passiert. Aber hier und da wirft er einem in Halbsätzen Informationen zu, die einen kurz inne halten lassen und die ungute Vorahnung vor dem drohenden Grauen in Area X  verstärken und somit die Spannung nie sinken lassen.
Wer hier auf Action hofft, ist allerdings fehl am Platz. Der Trumpf des Buches ist seine gespenstische Ruhe. Selbst wenn etwas „actionreiches“ passiert (was vor allem im letzten Drittel der Fall ist), wird dies in einem so monotonem Ton geschrieben, dass man zwar von der Szene gefesselt wird, aber nicht das Gefühl hat, dass sich plötzlich alles rasant verändert.
Genau dieser monotone Aspekt war es, der mich gestört und gleichzeitig fasziniert hat. Die Protagonistin hatte in meinen Augen sehr wenig Persönlichkeit, in der ersten Hälfte des Buches erfahren wir quasi nichts über sie und selbst als wir mehr über sie wissen, bleibt sie eine leere Hülle. Sie agiert wenig, reagiert und beobachtet höchstens. Ist nur ein Auffanggefäß der Eindrücke. An vielen Stellen habe ich mir mehr … wie soll ich es nennen? Mehr Romanhaftiges gewünscht? Einfach mehr Beschreibungen ihrer Gefühle. Aufgrund der Tatsache, dass es ein „Forschungsbericht“ war zeichnet sie natürlich nicht auf, ob sie z.B. Hunger hatte oder wie genau ihre Emotionen aussahen, aber genau das hätte mich interessiert. Wie geht sie in dieser unnatürlichen Wildnis mit natürlichen Bedürfnissen wie Hunger, Durst, Harndrang, ihrer Periode, etc um? Wie genau fühlt sie sich? Hatte sie schwitzige Hände als sie im „Turm“ stand? Schlug ihr Herz schneller?
Stattdessen bleibt der Großteil der Aufzeichnung extrem emotionslos, sie selbst komplett ohne jeden Bezugspunkt, komplett entrückt von unserer alltäglichen Wirklichkeit. Sie scheint einfach ein Teil dieser Umgebung zu sein, komplett definiert durch ihre wissenschaftlichen Züge und dem „Leuchten“, was ich hier gerade nicht weiter erklären kann. Aber genau das ist es auch, was mich fasziniert. Denn auf diese merkwürdige Art und Weise passte es perfekt zur Geschichte. Zu viel Persönlichkeit, zu viel Impulsivität, zu viele Emotionen, zu viel Menschlichkeit hätten nicht gepasst und hätten eventuell sogar das ganze Konstrukt des Buches zerstört.
Die Handlung an sich ist zu jedem Moment unerwartet. Selbst wenn nichts passiert, ist das eine Überraschung, denn Area X ist ein so geheimnisvoller und unheilvoller Ort, das theoretisch alles passieren kann. Also wirklich… alles. VanderMeer hat hier etwas erschaffen, das nach meiner derzeitigen Leseerfahrung einmalig ist und das mich noch sehr sehr lange heimsuchen wird. Er kroch mir mit seinen Worten tief unter die Haut und wird dort wohl noch eine Weile bleiben.
Ich verstehe aber vollkommen, wenn das Buch nicht für jeden etwas ist. Es ist ziemlich außergewöhnlich und dementsprechend auch gewöhnungsbedürftig und sicher nicht jedermanns Geschmack. Mich lässt es mit Begeisterung, Unbehangen und einem zweischneidigen „ich will mehr“ zurück. Ich werde die anderen beiden Bände definitiv lesen.

Ein Buch, einer Heimsuchung gleichkommend

Auslöschung

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Anmerkung: Dieses Buch war ein Rezensionsexemplar des Knaur Verlags – vielen vielen Dank! :)

Nächstes Buch: Loslassen – Katharina Finke

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2 Kommentare

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