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Die wundersamen Abenteuer der Galina Petrowna | Rezension

Standard, 19. April 2016, Tasmetu,7882 Views4 Comments
Die wundersamen Abenteuer der Galina Petrowna by Andrea Bennett
Published by Goldmann Genres: Belletristik
Pages: 352
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one-star
Die wundersamen Abenteuer der Galina Petrowna by Andrea Bennett
Published by Goldmann Genres: Belletristik
Pages: 352
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Die Autorin:

Andrea Bennett studierte in Sheffield und machte ihren Abschluss in Geschichte und Russisch. Sie verbrachte auch einige Zeit in Russland, bevor sie nach Großbritannien zurückkehrte. Heute lebt sie samt Familie und Hund in Kent.

Die Story:

Galina Petrowna lebt ein ruhiges, beschaubares Leben. Gemeinsam mit ihrer dreibeinigen Hündin Boroda pflegt sie ihren Gemüsegarten, kümmert sich um die Nachbarn und geht in den Altenclub. Doch dann wird Boroda von einem Hundefänger geschnappt und zu allem Überfluss auch noch der Leiter des Altenclubs verhaftet. Galina und ihre beste Freundin begeben sich auf eine Rettungsmission.

Meine Meinung:

Es ist so unglaublich schade, wenn man sich Monate lang so richtig auf ein Buch freut und dann feststellt, dass es so gar nicht den eigenen Geschmack trifft. Leider war das hier der Fall.
Zuerst wurde ich durch dieses unglaublich wunderschöne Cover auf das Buch aufmerksam. Es ist wirklich eines der schönsten Cover, die ich je gesehen habe, aber es täuscht lediglich über den grausigen Inhalt des Buches hinweg. Auch der Klappentext sprach mich an: Eine aufregende Reise von alten, interessanten Menschen die einen Hund retten wollen. Das klingt nach Spaß, ein bisschen Fernweh und schön verpackter Lebenserfahrung. Das war es aber nicht.
Die Charaktere waren zwar alle gut ausgearbeitet, hatten ihre Eigenarten und besonderen Charakterzüge – waren mir aber durch die Bank allesamt unsympathisch. Galia (Galina Petrowna) war die Einzige, die ich nicht schrecklich fand. Empathie hat es aber auch hier nicht gegeben. Ich weiß nicht, was die Autorin geritten hat, dass sie diese Charaktere alle so grauenvoll gestalten musste.
Es gibt wirklich wenige Romane aus/über Russland und die Bevölkerung dort. Ich hatte also große Hoffnungen. Aber wenn es nach diesem Buch geht sind alle Russen stinkende, trinkende, widerliche, arme, uralte, unfähige, furchtbare, unfreundliche Menschen. Und das entspricht einfach nicht der Wahrheit. Hier hätte das Buch das Potenzial gehabt, anders zu sein. Andere Gesichter Russlands zu präsentieren und sich nicht billiger Klischeés zu bedienen und die dann auch noch so hässlich auszuschmücken, wie sie es getan hat. (Das gleiche gilt auch für das Setting: Wer Russland nur über dieses Buch kennen lernt, wird niemals das Land besuchen wollen)
Immer wenn es dann tatsächlich mal einen schönen Satz gab (was selten genug vorkam), kam immer so etwas wie „sagte XY und zog geräuschvoll die Nase hoch“. Es gab lauter Passagen, in denen das Ekelhafte an den Charakteren herausgestellt wurde, es gab absolut keine Schönheit in diesem Buch. Nur Katja wird als schön und gutmütig beschrieben, doch die verliebt sich Knall auf Fall in den mit Abstand grauenvollsten Kerl des Buches – einen skrupellosen, unfreundlichen, alles verachtenden Hundefänger & -mörder, der (wie immer wieder betont wird) immer penetrant nach Hundescheiße riecht. Was das angeht empfinde ich Katja also eher als vollkommen naiv und dämlich.
Vielleicht finden Hundeliebhaber das Buch etwas besser als ich, denn ich konnte auch mit dem Hunde Aspekt nichts anfangen.
Auch die Story war für mich nicht das Gelbe vom Ei. Es passiert relativ wenig, es geht tatsächlich die ganze Zeit nur um Hunde und das Altsein und das Hundefängerleben usw. Alles macht einen enorm trostlosen Eindruck, es gibt eigentlich keine Hoffnungen und die Stellen, die humorvoll sein sollten, fand ich einfach nur merkwürdig. Es gibt permanente Wiederholungen, man tritt dauernd auf der Stelle. Die „abenteuerliche Rettungsmission“ ist in meinen Augen auch einfach nur unnötig und unlogisch – generell fand ich die Idee des Buches zwar gut, die Umsetzung aber misslungen. Und das Ende… darüber will ich gar nicht erst sprechen. Die plötzlichen Wendungen, die dann teilweise doch keine sind und die finale Aufklärung auf die man die ganze Zeit gewartet hat sind enttäuschend und nichtssagend. Man klappt das Buch anschließend zu und fragt sich, warum man diese Geschichte eigentlich gelesen hat.
Es hätte auch gute Punkte gegeben, an denen man ansätzen hätte können: Das Thema Ehepflichten (oder allgemein Ehe), Schwule in Russland, Spionage, menschenunwürdige Experimente, Alkoholismus, etc. Das wurde alles mal erwähnt, aber es ging nie in die Tiefe. Es gab nie Anlass zur kritischen Auseinandersetzung.
Bücher in denen alte Menschen zu Wort kommen sind wichtig und können wundervoll sein („Noch so eine Tatsache über die Welt“ ist ein gelungenes Beispiel), man kann so viel aus ihnen lernen. Aus diesem Buch lernt man lediglich, wie widerlich Menschen sein können und auch, dass man manche Dinge lieber früher gesagt oder getan hätte. Wenn man beide Augen zudrückt könnte man auch noch sagen, dass man lernt, dass man immer seinen Weg gehen und auf sein Herz hören soll. Aber eigentlich ist das nicht das Gefühl, was nach dieser Lektüre bleibt. Stattdessen sehnt man sich sehnlichst nach einer Dusche und viel Seife.
Vermutlich kann man zwischen die Zeilen noch viele sinnvolle, aussagekräftige und stilistische positive Aspekte hervorholen, ich habe aber leider keine entdecken können. Vielleicht fehlt mir hier auch einfach die Lust an der wilden Interpretation oder der ausführlichen Analyse. Diese Rezension ist ein direkter Eindruck nach dem Lesen und es tut mir wirklich im Herzen weh, doch dieser Eindruck ist leider einfach nur schlecht.
Was eine schöne, lebensbejahende Geschichte werden sollte, stellte sich als seltsames und unsympathisches Buch über nicht vorhandene Hoffnungen und das Schlechte im Menschen heraus. Eine wahre Enttäuschung. Sehr, sehr schade.

Leider eine bittere Enttäuschung

Anmerkung: Dieses Buch habe ich vom Goldmann Verlag gestellt bekommen – vielen vielen Dank! :-)

Nächstes Buch: Die Araber – Heinz Halm

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4 Kommentare

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  • Antworten Stephie 18. Mai 2016 um 17:03

    Tasmin du schreibst mir aus der Seele!
    Ich habe dieses Buch gestern beendet (nachdem ich 1 1/2 Monate (!) daran gelesen habe) und kann deine Rezension nur unterschreiben. Wirklich schade, dass dieser Roman, dessen Story eigentlich so viel Potenzial hätte, grau und langweilig ausgefallen ist. Ich habe mich auf ein buntes und schillerndes Russland und vor allem auch auf Galinas Abenteuer gefreut (welche sollen das bitte gewesen sein?)
    Ich als großer Hundefreund habe diesen Aspekt der Geschichte auch nicht anders als du aufgefasst, auch wenn ich finde das Mitja von allen die beste Entwicklung durchgemacht hat – auch wenn das Ende sehr überspitzt war. Mir war es aber leider auch zu viel zum Thema Hund und zu wenig zu anderen wichtigen angeschnittenen Themen, wie die, die du bereits angesprochen hast. Ich freue mich jetzt einfach nur noch auf gute Bücher und hoffentlich mehr Leselust.

    Liebe Grüße,
    Stephie

    • Antworten Tasmetu 19. Mai 2016 um 9:24

      Liebe Stephie,

      es ist wirklich so schade :/ Hatte gehofft, dass ich mit meinem Verriss alleine bleiben werde und es einfach an mir lag. Aber offenbar lag ich ja nicht so daneben. Aber die nächsten Bücher werden sicher wieder besser :)
      Liebe Grüße

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