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Am Ende bleiben die Zedern | Rezension

Standard, 7. April 2016, Tasmetu,8649 Views6 Comments
Am Ende bleiben die Zedern by Pierre Jarawan
Published by berlin Verlag Pages: 446
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four-stars

„Schon wieder ist der Bürgerkrieg Thema. Er ist allgegenwärtig. Seine Auswirkungen führen spinnwebgleich ins Heute. Nicht immer auf den ersten Blick zu sehen. Verdeckt von Kränen, Betonmischern und dem Lärm der Baustellen, die Aufbruch suggerieren, Aufbruch in eine neue Zeit.“

Am Ende bleiben die Zedern by Pierre Jarawan
Published by berlin Verlag Pages: 446
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Der Autor:

Pierre Jarawan wurde in Jordanien geboren, als Sohn eines Libanesen und einer Deutschen. Sein Vater floh vor dem Bürgerkrieg und im Alter von drei Jahren zog er mit seiner Familie nach Deutschland. Heute ist er Slam Poet, Autor und Veranstalter und lebt in München.

Die Story:

Samir verehrt seinen Vater. Dieser ist aus dem Libanon geflohen und hat sich hier in Deutschland ein neues Leben aufgebaut. Er erzählt immer Geschichten, ist ein guter Vater und bei allen beliebt. Bis er plötzlich verschwindet. Sein Verschwinden beeinflusst Samir sein Leben lang und führt ihn schließlich in den Libanon. Dort wird er weit mehr finden als nur ein wundervolles Land, das vom Krieg zerstört wurde.

Meine Meinung:

Was für ein wundervolles, lesenswertes Buch.
Ich liebe solche Bücher. Es sind diese Bücher die auf jeder Ebene so gelungen sind, dass man kaum weiß, wo man anfangen soll.
Fangen wir mit den oberflächlicheren Themen an: Das Cover ist wunderschön und der Schreibstil steht dieser Schönheit in keinster Weise nach. Jarawan hat eine gewaltige Bildsprache, die einen sofort an den Ort versetzt an dem die Geschichte spielt. Sei es nun in der engen Sozialwohnung in Deutschland oder zwischen den duftenden, alten Zedern im Libanon.
Seine Charaktere sind mit so viel Fingerspitzengefühl ausgearbeitet, dass man zunächst nicht direkt mitbekommt wie real sie plötzlich werden. Erst nachdem man schon eine Weile über sie gelesen hat fällt einem auf, wie gut man sie bereits kennt und das diese Menschen genauso vertraut sind wie eigene Bekannte. Und ich habe mich in diesem Moment gefragt: Er hat nie wirklich ausschweifend beschrieben: Wie hat er das also hinbekommen? Ich weiß es nicht, aber ich finde es großartig.
Neben der eigentlichen Geschichte, bei der sich die Perspektiven aus Vergangenheit und Gegenwart abwechseln und ein stimmiges Bild ergeben, werden auch immer mal wieder sehr gezielt (und dennoch gut eingeflochten) andere Themen angesprochen. Der Klimawandel, psychische Krankheiten, die Folgen von Flucht, etc. Wer genau hinsieht wird über viele wichtige Themen zwischen den Zeilen stoßen.
Kommen wir aber zum Hauptkern dieses Buches. Denn es ist nicht nur eine Familiengeschichte und die Geschichte eines Jungen der durch das Verschwinden seines Vaters extrem geprägt wurde (diese Seite des Buches dürft und solltet ihr selbst entdecken), sondern auch ein sehr aktuelles, sehr lehrreiches Werk. Es befasst sich mit dem Bürgerkrieg im Libanon, mit seinen Folgen, mit der aktuellen (immer noch nicht optimalen) Lage im Libanon und spannt den Bogen in die heutige Zeit und zum Krieg in Syrien. Es erzählt nicht nur die Geschichte Samirs und seiner Suche, sondern die Geschichte eines ganzes Landes. Anhand von Einzelbeispielen und einigen Monologen wird deutlich, wie sehr sich Jarawan mit dem Thema befasst hat, wie gut er recherchiert hat und wie feinfühlig er seine Worte in diesem Buch gewählt hat. Ich habe durch diese knapp über 400 Seiten so viel von einem Land gelernt, bei dem ich erst einmal googeln musste wo es liegt (jaja, ich studiere Ethnologie und sollte das eigentlich wissen. Lacht mich ruhig aus). Und ich habe auch gleich so viele Einsichten in die ganz aktuelle Situation bekommen: Sei es nun im Libanon, in Israel, in Syrien oder in den Flüchtlingsheimen – denn das hängt alles zusammen.
Die Vergangenheit bestimmt die Zukunft auch wenn die Zukunft immer noch das ist, was wir daraus machen.
Jarawan spricht seine Hoffnungen für einen besseren, toleranteren Libanon aus und verwirklicht sie mit gelungenen Charakteren und einer spannenden, mitreißenden Geschichte.
Wer sich nach dieser Schwärmerei noch fragt, warum ich nur 4 statt 5 Herzen gegeben habe: Nunja, irgendwie hatte ich (obwohl das Buch perfekt zu sein schien) immer das Gefühl, die Geschichte gleitet mir durch die Finger wie Sand. Permanent musste ich überlegen, was genau jetzt eigentlich passiert ist. Wie ganz genau die Zusammenhänge noch einmal waren. Ich kann den Grund dafür leider nicht benennen (vielleicht war es zu viel Input? Zu zäh an manchen Stellen? Samirs anstrengende Teenager Jahre? Ich weiß es nicht). Das Buch lässt mich zwar staunend und bewundernd, aber nicht umgehauen zurück (wenn ihr versteht was ich meine).
Dennoch kann ich es euch allen nur ans Herz legen. Dieses Buch lohnt sich sehr. Sei es nur zur reinen Unterhaltung, zur Bildung oder zur Detektivarbeit beim Lesen. Es hat alles, was man sich von einem guten Buch wünschen kann und ich freue mich schon sehr auf alle Bücher, die Jarawan noch verfassen wird.

Sehr lesenswert und perfekt gelungen auf jeder nur möglichen Ebene

„Ich denke, neben der Liebe zueinander gibt es zwischen zwei Menschen kein stärkeres Band als eine geteilte Sehnsucht.“

Anmerkung: Dieses Buch wurde mir freundlicherweise von LovelyBooks (beziehungsweise vom berlin Verlag) für die Leserunde zur Verfügung gestellt. Vielen Dank! :-)

Nächstes Buch: Witch Hunter – Virginia Boecker

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6 Kommentare

  • Antworten Monatsrückblick | April 2016 - Tasmetu 4. Mai 2016 um 8:56

    […] Am Ende bleiben die Zedern – Rezension. Dieses Buch geht mir immer noch nicht aus dem Kopf. […]

  • Antworten Throne of Glass (3) | Rezension - Tasmetu 17. Mai 2016 um 12:28

    […] Nächstes Buch: Am Ende bleiben die Zedern – Pierre Jarawan […]

  • Antworten Wortlichter 15. August 2016 um 19:43

    Oh meine Liebe, das ist eine wundervolle Rezension. Ich bin schon länger immer um dieses Buch herumgeschlichen, aber jetzt muss ich es unbedingt lesen! :)
    Ich habe übrigens auch Ethnologie studiert. Ich liebe darum besonders Literatur aus dem arabischen Raum. Man hat ja dann irgendwie eine Ecke der Welt, an der man besonders hängt. Welche ist deine? :D Da passt das ja super. Ich habe auch gleich einen Haufen deiner Videos angeschaut, du bist mir sehr sympatisch, auch wenn du soviel extrovertierter bist als ich.

    Liebe Grüße, Anja

    • Antworten Tasmetu 16. August 2016 um 9:18

      Liebe Anja,

      ganz ganz lieben Dank für deinen lieben Kommentar. <3 Ich hoffe das Buch gefällt dir dann auch so gut wie mir. Ich denke immer noch oft daran.
      Sehr cool! Ja, jeder hat so seine Ecke :D Meine ist eigentlich Asien, aber eigentlich interessiere ich mich für so ziemlich alle Ländern. In meinem Nebenfach habe ich viel mit dem arabischen Raum zu tun, vom Neolithikum bis heute :D In welcher Stadt hast du studiert?
      Danke wegen den Videos <3 Ich bin gar nicht so extrovertiert, ich glaube das wirkt nur im Internet so.
      Liebe Grüße,
      Tasmin

      • Antworten Wortlichter 16. August 2016 um 22:41

        Ich finde du siehst in den Videos aus, als ob dein Leben nichts anderes machst- Unheimlich aufgeweckt, energiegeladen und offen :)
        Ich habe in Wien studiert. Vielleicht bald wieder, zurück zur Uni :)

        Lg, Anja

  • Antworten Der LovelyBooks Leserpreis - Tasmetu 3. November 2016 um 7:46

    […] Ende bleiben die Zedern“ von Pierre Jarawan (Rezension) – ein Buch, dass ich Anfang des Jahres gelesen habe und das mich immer noch jeden Tag […]

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