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Freundschaft | #4 | Vertrauen

Standard, 1. Mai 2015, Tasmetu,11439 Views6 Comments

Nachdem der Post letzten Freitag leider ausgefallen ist, geht es heute weiter. Und zwar mit einem Thema, was viel mit dem bisher angesprochenen zu tun hat: Vertrauen.

Wenn ich einem Freund oder einer Freundin etwas erzähle, vor allem wenn es etwas sehr privates ist, erwarte ich, dass er oder sie es für sich behält. Klingt ganz einfach, ist es aber häufig gar nicht.

Ich merke es an mir selbst. Wenn mir etwas Privates / Aufreibendes / … erzählt wird, wird es mich – als gute Freundin – selbst mitnehmen und beschäftigen. Treffe ich mich dann mit meinem Freund, der mich sehr gut kennt, fällt es mir schwer nicht alles mit ihm zu teilen. Selbst wenn ich sage „Ich kann/darf/soll nicht darüber sprechen“, errät er es meistens sowieso, weil er mich kennt, weiß mit wem ich mich getroffen habe und manchmal kennt er diese Person dann auch.

Dabei will ich gar nichts ausplaudern. Ich erwarte schließlich auch, dass meine Freunde das, was ich ihnen anvertraue, für sich behalten.

Ich möchte, dass meine Freunde mir vertrauen können. Weil ich auch ihnen vertrauen will. Ich möchte, dass sie es nicht weitererzählen. Ich möchte, dass sie nicht über mich lästern. Ich möchte, dass sie meine Schwächen nicht ausnutzen.

Jeder einzelne dieser Wünsche wäre einen eigenen Blogpost wert.

Das man nicht möchte, dass Freunde über einen lästern, ist eigentlich selbstverständlich. Und doch tun es viele, manchmal sogar ohne, dass sie es merken. Und da ich in letzter Zeit viele falsche Freunde aussortiert habe kann ich auch hier wieder einen Punkt mehr auf die Liste setzen: Wer über mich lästert, ist kein Freund. Ende.

Der dritte Wunsch ist mein größtes Problem. Denn je mehr man jemandem vertraut und dieser Person preisgibt, desto mehr offenbart man seine Schwächen. Man macht sich angreifbar. Jeder, der mit so etwas schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht hat, wird wissen wovon ich spreche. Die Angst, betrogen zu werden. Die Angst, verletzt zu werden. Die Angst, ausgenutzt zu werden. Die Angst, dass sich der andere nach einem Streit oder am Ende einer Freundschaft die Mühe macht um all die Schwächen auszunutzen und dich zu zerstören.
Auch ich habe diese Angst. Doch, seien wir mal ehrlich: Vertrauen erfordert Stärke. Es ist mutig von uns, Menschen zu vetrauen – egal wie gut wir meinen, sie zu kennen. Es ist mutig von uns, auf das Vertrauen anderer zu hoffen. Es ist mutig von uns, jemandem unsere Schwächen zu offenbaren. Es ist mutig von uns, sich fallen zu lassen. Und deshalb ist Vertrauen unsere größte Stärke.

Natürlich wird man nie eine 100%ige Sicherheit haben, dass das Vertrauen in einen Menschen für immer und ewig sicher und beständig ist. Doch wenn eine Freundschaft Tiefen übersteht ohne Risse im Vertrauen zu hinterlassen, dann zeigt das, dass die Freundschaft stabil und stark ist.

Ab und an sollten wir uns einmal in unsere Freunde hineinversetzen und uns fragen: „Kann diese Person mir vertrauen? Voll und ganz?“ und falls die Antwort Nein lautet: Warum nicht? Und dann sollte man an sich arbeiten. Denn auch wir wollen vertrauen. Also muss man auch uns vertrauen können.

Wann vertraut ihr jemandem?

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6 Kommentare

  • Antworten Joan Darque 1. Mai 2015 um 14:05

    Sehr schöner Blogpost. :) Freundschaft ist sowieso ein Thema, das mir am Herzen liegt und du hast viele wahre Dinge angesprochen. Vor allem, dass man nicht vergessen soll auch auf sich selbst zu schauen.

    LG,
    Darque

  • Antworten Dodo 1. Mai 2015 um 14:56

    guter artikel…..freundschaft basiert so viel auf vertrauen. oder man spart sich den aufwand und ist forever alone :(

    • Antworten Tasmetu 1. Mai 2015 um 22:38

      Deswegen sage ich ja, dass man auch mal mutig sein muss ;)

  • Antworten sarahsuperwoman 1. Mai 2015 um 15:54

    Oh Tasmin, irgendwie macht mich dieser Blogbeitrag sehr nachdenklich, vor allem da ich in letzter Zeit auch am „Aussortieren“ von falschen Freunden bin. So hart es auch klingt.. manchmal sollte man sich von manchen Menschen trennen.

    Ich bin ein Mensch, der einem anderen Menschen relativ schnell vertraut und ich so leider manchmal zu schnell offen bin und so nicht abschätzen kann, ob der andere meine Schwächen nicht ausnutzen will. Aber genau wie du schon sagtest, es gibt keine 100%ige Garantie darauf. Ich habe mir schon immer gesagt, dass man mir nur vertrauen kann, wenn ich dem anderen auch Vertrauen entgegen bringe.

    Das ist eben so als ob man versucht ein Tier zu zähmen. Du musst ihm zeigen, dass du ihm nichts tun willst, du gehst mit ihm auf eine Augenhöhe, vielleicht sogar eine Stufe weiter runter und zeigst dich eben auch schwach. Erst dann kannst du demjenigen, wenn er dir vertraut, deine Stärken zeigen. Vorher sind das alles nur Charaktereigenschaften deines Ichs und irgendwie sind sie noch nichts Besonderes. Aber wenn das Vertrauen kommt – ein unglaubliches Gefühl, dann machen dich diese einzelnen Charaktereigenschaften zu einem so besonderen Menschen in dem Leben des Anderen.

    Ich finds schön, dass du über das Thema Freundschaft schreibst :) Das gefällt mir wirklich gut! Oftmals ist das gar nicht mal so einfach über sowas zu schreiben.

    Liebe Grüße,
    Sarah

    • Antworten Tasmetu 1. Mai 2015 um 22:37

      Danke für deinen langen lieben Kommentar :) Ich stimme dir zu :) Freundschaft ist Arbeit – auf so vielen Ebenen und es ist ein Zusammenspiel :) Sehr schön geschrieben!

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